Assuan, Abu Simbel & Kom Ombo
04:30 Schweizer Zeit. Die Schweiz schläft, fiebert der eine oder andere doch schon dem bevorstehende Wochenende entgegen. Für mich geht es nach Assuan. Auch wenn hier schon halb 6 in der Früh ist, fragt sich mein Körper was eigentlich los sei. Ich packte meine Sachen. Es reicht, um noch einmal schnell zum Strand zu gehen und ein paar Minuten Energie beim Sonnenaufgang zu Tanken. Dann geht es los. Mein Privattransfer steht bereit. Zu meinem Erstaunen waren sie zu zweit. So setzte ich mich auf die Rückbank. Platz haben ist anders. Mein Kopf angewinkelt. Er drückte aufs Gas. 140km/h und von Sicherheitsgurt keine Spur. Wieso auch? Man fliegt ja nur durch die Scheibe. Nichtsdestotrotz vertrete ich die europäische Vernunft und halte mich an die Gurtpflicht. Die Fahrt wird lange. 5-6 Autostunden sagen sie voraus. Dass er mit dem tiefen Sportwagen bei den ganzen Schlaglöchern noch mehr Zeit verlieren würde war auch klar. Nach 30 Minuten ist der Beifahrer im tiefen Schlaf versunken. Das Auto rüttelte, Schlaglöcher, Tempoverschärfungen, nichts steht seinem Schlaf im Weg. Spoiler: der schläft noch eine Weile. Ohne es zu wissen, gehe ich davon aus, dass er den Hinweg gefahren ist und jetzt Schlaf nachholen muss. Die Strassenverhältnisse wechseln sich häufig. Entsprechend passt auch er die Fahrweise an. So fuhren wir zum Beispiel auf einer Strecke mit vielen Schlaglöcher eine halbe Stunde lang mit 20km/h. Klar dauert das so lange :). Die in Abständen positionierten Military Checkpoints quer durch die Wüste verteilt kommen mir ziemlich verlassen vor. Dennoch muss er immer Autokennzeichen und Angaben zu den Personen angeben. Bei einem wurde sogar der unterdessen 10 Tage alte PCR-Coronatest angefordert. Was der bringen soll? Keine Ahnung. Nach kurzer Durchsicht und ein paar Worten zum Fahrer durften wir jedoch ohne Probleme weiterfahren. Das Telefon klingelte im Minutentakt. Auch die Stimme hiess nicht Gutes vermuten. Er hielt rechts ran. Links Wüste, rechts Wüste, vorne Wüste, hinten Wüste. Er wandte sich an mich und sagte „Military Checkpoint“ und telefoniert erneut mehrmals. Auf meine Frage, was das Problem sei, entgegnete er nur mit „no problem“. Warum stehen wir denn da? Ich hatte ein ungutes Gefühl. Wenige Zeit später ging es weiter. Aufregung um nichts. Weiter ging die Fahrt. Während ich versuchte mit halbhängendem Kopf doch noch paar Minuten Schlaf nachzuholen, holperte es vor sich hin, so dass ich es nicht schaffte einzuschlafen. So bestaunte ich die Weite der Wüste. Und genau als mir die gleichen Muster langsam zu langweilig wurden, liefen Kamele über die Fahrbahn. Auch auf der Seite konnte man in Entfernung einige sehen. Ich war erfreut. Geht doch was. Dann kam lange nichts. Der Beifahrer schlief weiterhin unter seinem Pullover vor sich hin. Der Fahrer umkurvte geschickt Schlaglöcher. Allgemeine Regel ist hier: Man fährt dort wo die Fahrstrecke am besten ist, egal welche Strassenseite das ist. Kreuzen kann man sich auch auf der gleichen Seite der Strasse. Ich rieb mir die Augen. Scheint hier normal zu sein. Es wird grün. Wir befanden uns in den Vororten von Edfu, einer Stadt am Nil. Während Kinder auf Eseln sassen, der Grossvater mit seinem Tuk-Tuk Getreide herumfuhr und der Fahrer hupend durch die engen Gassen fuhr, sass ich mit offenem Mund am Fenster. Gibt nichts Schöneres, als die Kultur eines Landes an deren Wurzel zu sehen. Das Fussvolk. Wieder einmal wurde mir bewusst, wie viel ich habe, was sie nicht haben. Doch sind sie wirklich unglücklicher? Ich bezweifle es. Ist ein Leben ohne Konsumgesellschaft und Medienzudröhnung sicherlich angenehm. Und Glück ist bekanntlich geldunabhängig. Ich war beeindruckt, wie zuletzt in Asien im Jahr 2018. Kurz vor Mittag erreichten wir Assuan resp. das Nilkreuzfahrtschiff, dass mich nach Luxor bringen sollte.
Assuan-Staudamm & Philae Tempel
Nach einem Mittagessen auf dem Schiff ging es um 14:00 mit einem Guide zuerst zum Assuan-Staudamm und danach zum Philae Tempel, ein Tempel, welcher nur mit einem Speedboat erreichbar ist. Während wir mit einem Privatauto zuerst den unteren und dann den oberen Staudamm befahren, erzählte er mir viele Hintergründe über die Geschichte Ägyptens. Um hier nur die zu nennen des Staudamms: Früher dachte sich der damals erste regierende Präsident (vorher Königreich), dass man etwas für die eigene Ökonomie machen müsse, um dieses Land nachhaltig führen zu können. So hatte er die Idee im Nil Staumauern zu bauen. So könne man Wasser vom höher gelegenen durch Turbinen herunterlaufen lassen und so Energie erzeugen. Mit Hilfe von Russland als Partner baute man diese Staudämme, welche heute Elektrizität für über 95% der Bevölkerung im Jahr produziert. Der aufgestaute Nassersee erstreckt sich bis in den Sudan. Die Anlage wurde dieses Jahr 50 Jahre alt. Eine Konsequenz war die Umsiedlung der Menschen, welche damals im Bereich des Stausees wohnten. Ein sehr wichtiges Projekt war die Rettung der Tempel. Da diese jedoch zu tief lagen, wurden diverse von ihnen mit Hilfe der UNESCO in Stücke zerschnitten und auf einer höheren Ebene neu zusammengebaut. Sehr beachtliches und spannendes Vorgehen. Der Philae Tempel, wie auch der Abu Simbel Tempel waren Teil dieses Prozederes. Vom Assuan-Staudamm ging es dann zum Philae Tempel. Dieser ist nur via Boot erreichbar. So ging es mit einem kleinen Motorboot zum ersten Tempel nach meiner Ankunft in Ägypten. Die Tempelanlagen stehen auf der Insel Agilkia, nachdem sie am eigentlichen Standort, der heute überfluteten Insel Philae, abgebaut und etwa 600 Meter nordwestlich auf dem höheren Gelände neu errichtet wurden. Während der Guide die ganzen Geschichten rund um den Gott des Tempels, namentlich Isis, erzählte, versuchte ich die ganzen Skizzen an den Wänden zu entziffern. Was hat das zu bedeuten? Was wird hier abgebildet? Manche waren einfach, andere wiederum musste er mir erklären. Es war eindrücklich. Wie selbstverliebt diese Götter nur waren. Nach der Tour ging es mit dem Boot zurück ans Festland, bevor uns ein Fahrer wieder zurück zum Kreuzfahrtschiff brachte. Er lud mich ab und begleitete mich zum Schiff. „Tomorrow 04:30 in the morning we will start out tour to Abu Simbel“ – Ich fragte nach. 04:30 in the morning? Ja ich hatte richtig zugehört, wollte es nur nicht glauben. So ging es also am nächsten Tag früh los. Nach dem Abendessen wars das für mich. Ich war müde, stand ich doch heute bereits um 5 Uhr in der Früh auf. Es war 20:15, meine Augen klappten zu.
Abu Simbel Tempel & Kom Ombo Tempel
3.45 am! Der Wecker klingelte. Ich fühlte mich erholt. Um 4 Uhr rufte mich die Reception in die Kabine an, ich nahm ab und antwortet mit „Good morning, thank you“ und legte auf. Danke für den Weckservice. Aus den Federn und in die Kleidung. An der Bar bei Achmed (stellte sich bereits am Vorabend vor) trank ich meinen morgentlichen Kaffee, bevor mich mein Fahrer abholte. Mit einer Frühstücksbox verliess ich das Schiff. Ca. 3.5 Stunden dauert die Fahrt nach Abu Simbel, meinte er. Wir fuhren los, in einer Stadt in welcher sehr viele Militärposten stehen. Assuan ist die letzte grosse Stadt bevor es südlich nach Sudan geht. Die Uhr zeigt 04:50 als wir stehen bleiben. Bevor ich fragen konnte, was los sei, antwortete er mir. Die Strasse durch die Wüste öffne für Touristen erst um 5 Uhr, ehe sie 12 Stunden später wieder gesperrt wird. Einheimische dürfen diese jederzeit befahren. So hielt er ein Papier in der Hand, in welchem steht, wie viele Touristen er mit sich führt, welche Nationalitäten, Autokennzeichen, usw. Alles wird notiert. Pünktlich 5 Uhr geht es weiter. Er fuhr die Schlangenlinien zum Militärcheckpoint. Grimmige Männer in Militärtarnung und mit Maschinengewehren begutachteten sein Papier. Es war alles in Ordnung. Erklärte er mir auf der Rückfahrt doch, dass ein Mann von der Tourismuspolizei eigentlich mit einer Pistole bewaffnet mitkommen wollte. Zur Sicherheit von mir. Ich schluckte leer. Mein Fahrer Mahmoud, welcher mir bereits gestern zur Seite gestanden hatte, meinte, dass er eh nur hinten schlafen würde und das Auto klein sei. So bestach er ihn mit 150 ägyptischen Pfund, umgerechnet knapp 9 Schweizer Franken, damit er nicht mitkommt. Ich fühlte mich sicher. Mahmoud gab alles, damit ich mich gut fühlte. Ich rückte den Beifahrersitz nach hinten und kippte die Rücklehne etwas zurück. Ich versuchte zu schlafen, ist unterdessen doch die Strasse in einem guten Zustand. Als ich aufwachte und meinen Kopf etwas nach links drehte, so sah ich wohl einer der schönsten Sonnenaufgänge. Weltklasse! Nach 2.5 Stunden Fahrt hielten wir an. Ein kleines Haus mit Tischen und Stühlen mitten in der Wüste. In Europa würde man es Raststätte nennen, ist es hier aber lediglich als Zwischenstation für Touristen und nicht für Einheimische gedacht. Wir waren die ersten da. Ich hatte lediglich eine private Tour gegen einen Aufpreis, weil sonst keine Touristen diese Tour buchten. Schlichtweg nicht vorhanden. So cancelte der Anbieter die Tour und bot mir die private an. Ich nahm dankend an, auch wenn es schlussendlich etwas teurer wird. 60$ wollte er, was mir für 7h Fahrt und Begleitung doch als vernünftig erschien. Weiter ging es. Wir unterhielten uns über diverse Themen, sofern er diese in Englisch beantworten konnte. Ebenfall erzählte er mir immer wieder Geschichten zu den jeweiligen Orten und Städten, durch welche wir durchfuhren. Ich liebte es, einfach in die Wüste links und rechts zu schauen und zu entdecken. So fuhren wir vorbei an Toshka New City (während Toshka den alten Bauern gehört) nach Abu Simbel. Mich nimmt Wunder, wie Toshka New City in 10 Jahren aussieht. Aktuell sind es paar Wohnblockkomplexe, aber hier wird ordentlich eine Stadt entstehen. Wäre spannend, hier erneut vorbeizufahren, um zu sehen was sich verändert hat. In Abu Simbel bei den Tempel angekommen, wartete bereits ein Guide auf mich. Dieser begleitete mich durch die Geschichten der bekanntesten Tempelanlage Ägyptens. Es ist kurz nach 8 Uhr morgens. Die Sonne scheint, die Temperaturen angenehm. Wir liefen vom Parkplatz, auf dem zwei Autos standen, runter zum Tempel. Von weitem konnte man sehen, dass keine Touristen da waren. Wir waren nahezu die ersten, die eingetroffen waren. Noch nie habe ich mich bei Corona für etwas bedankt. Es ist wahnsinnig schön, nicht von Touristen getragen zu werden. Dieser Flow, den du normalerweise hast. Meine Finger zuckten. Wann habe ich je eine so grosse und bekannte Sehenswürdigkeit in Ruhe fotografiert, ohne dass mir Hunderte Menschen vor die Linse liefen. Ein Traum. Immerhin ein Vorteil bringt Corona mit sich. Der Guide erklärte mir jedes Symbol und jede Statue. Und das sind einige. Auch wenn ich manchmal nicht mehr wusste, ob das noch Englisch oder schon wieder Arabisch war, versuchte ich ihm trotzdem gespannt zuzuhören. Den Tempel muss ich alleine besuchen. Der Eintritt ist für Tourguides nicht gestattet. Wie ich unterdessen weiss, ist das bei einigen Tempel und Museen Gang und Gäbe. Ich genoss knapp 30 Minuten im Haupttempel, für den zweiten Tempel, welcher der Gott für seine Geliebte bauen liess, reichten 15 Minuten. Dort traf ich auf ein brasilianisches Pärchen, welches es ebenfalls schätzte in der aktuellen Zeit hier zu sein, um den Menschenmassen aus dem Weg zu gehen. Ich gehe hier jetzt nicht detailliert auf die Tempel ein, da es viel zu erzählen gäbe, vieles was Interpretation von Kritzeleien wären. Während die Sonne nun etwas stärker vom Himmel schien, machten wir uns auf den Weg zurück. Wie oft muss man auch hier durch die „Gasse der Anquatsch-Hölle“. Es ist die Strasse, welche gespickt von Verkäufern ist. Ich konnte diesmal nicht darauf zielen, dass einige mit anderen Touristen abgelenkt waren. Ich erhielt die volle Aufmerksamkeit von jedem von ihnen. Während der erste Verkäufer mich bereits beim Eingang auf Deutsch nach meinem Namen gefragt hatte und diesen auch am Schluss noch wusste, drückte ich ihm nach diversen Gesprächen und Angeboten verdeckt 50 ägyptische Pfund in die Hand und dankte ihm für seine Arbeit und vor allem für seine Freundlichkeit. Es sei aktuell nicht einfach, ich bräuchte nix, aber das sei für ihn. Er bedankte sich herzlich und wünschte mir eine gute Weiterreise. Die weiteren Verkäufer ignorierte ich gekonnt, auch wenn sie ziemlich motiviert waren. Bei einem der letzten Läden kaufte ich dann doch eine Statue, welche mich an Abu Simbel und Ägypten erinnern sollte, das wars aber auch. Zurück beim Parkplatz verabschiedete ich mich von meinem Guide, bevor ich mit Mahmoud den Rückweg antrat. Beim gleichen Rastplatz hielten wir erneut an und gönnten uns einen Kaffee. Der Rest war eigentlich gleich wie am Morgen früh. Bevor wir die Hauptroute vor dem letzten Police Checkpoint verlassen, drosselte er sein Tempo stark. Der Grund waren Hinweise der entgegenkommenden Fahrzeuge, dass sie Radarkontrollen duechführen. Eine Radarkontrolle wird mit fünffacher kurzer Lichthupe signalisiert. Dieses Zeichen erhielt er mehrmals. Da sie nicht die aktuelle Geschwindigkeit, sondern die Zeit zwischen A und B messen, musste er die Geschwindigkeit runterfahren, um nicht zu weit darüber zu sein. Fährt hier doch trotz 90 km/h jeder 120-140 km/h je nach Streckenabschnitt. Man bräuchte fast 6 Stunden, wenn man das alles einhalten würde. Er lächelte und brachte nur „how?“ heraus. Während er bei der Kontrolle durchgewunken wurde und langsam die Gesichtsmaske wieder herunterzog, sowie den Sicherheitsgurt ausklinkte, schaute ich entspannt aus dem Fenster. Das hatte uns einige Zeit gekostet. Quer durch Assuan führte er mich zurück zum Schiff, dass übrigens immer noch in Assuan lag und erst am Nachmittag Fahrt aufnahm. Ich verabschiedete ihn, gab ihm etwas Trinkgeld für seine gute Fahrt und seine netten Gespräche ehe ich mich umdrehte und zur langen Treppe herunter zum Schiff lief. Bei Ankunft wurde erneut Fieber gemessen, sowie aufgefordert die Hände zu desinfizieren. Ich tat das und verschwand im Zimmer. Auf dem Weg dorthin lernte ich Lotus kennen, er wird mein Tourguide für die nächsten drei Tage sein. Ich legte mich kurz hin und drückte auf meinem Handy herum. Am Nachmittag legte das Kreuzfahrtschiff ab. Nächster Halt Kom Ombo, bei welchem wir noch einmal einen Tempel besichtigen würden. Die Fahrt auf dem Nil ist ruhig und so gelassen. Während die Sonne hinter den Palmen verschwand, drückte ich verkrampft den Auslöser, um ja nicht das perfekte Foto vom Sonnenuntergang zu verpassen. Etwas nach 17:00 erreichten wir den Kom Ombo Tempel. Auch hier wurden wir wie Frischfleisch in die Manege getragen. Meiner Tour schloss sich unterdessen eine US-Familie an. Ich war für einmal nicht alleine und konnte mich bezüglich bisherigen Erfahrungen in Ägypten austauschen. Es wurde dunkel. Ich hielt dem Guide die Taschenlampe des Mobiltelefons hin, damit er in Ruhe weitererzählen kann. Dennoch beeilten wir uns und liefen durch die Massen an Verkäufern wieder zum Anlegesteg. Ich war müde, wie wohl immer die letzten Tage. Um 19:30 gibt es standesgemäss Abendessen, bevor der Tag sein gewöhnliches Ende nahm.
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