Sarajevo – Religionen Tür an Tür

Die Anreise nach Sarajevo entpuppte sich als kompliziert als zunächst angenommen. Ich plante ursprünglich eine Flixbus-Reise von Split nach Čapljina, von wo ich mit der bosnischen Bahn nach Sarajevo weitergefahren wäre. Dieser Plan wurde durch die Stornierung meines Flixbusses jedoch über den Haufen geworfen. Sie stornierten mir den Bus am Morgen und buchten mir eine Ersatzverbindung um halb 8 abends, mit welcher ich um Mitternacht im bosnischen Čapljina wäre. Entsprechend musste ich dort einen Zwischenhalt einlegen. Da in dem „Dorf“ nur ein Motel und diverse Ferienwohnungen zur Verfügung standen, entschied ich mich für das Motel, welches zwar laut Booking.com nur Check-Ins bis 22:00 erlauben. Jedoch stand auch, dass eine 24h-Reception vorhanden wäre. Somit reiste ich mit keiner 100%-Garantie auf eine Übernachtungsmöglichkeit nach Bosnien Herzegowina. Das soweit zur Ausgangslage, nun aber zurück nach Split (zum Beitrag über Split). Nachdem ich eine halbe Stunde vor geplanter Abfahrt am Busbahnhof eintraf, wurde ich bereits informiert, dass mein Flixbus 20-30 Minuten verspätet ankommen resp. abfahren wird. Es folgten drei weitere SMS-Benachrichtigungen. Die Verspätung stieg auf 70-80 Minuten. Danke Flixbus! Ich habe schon meine Gründe, wieso ich Flixbus vermeide und das sind nicht nur meine langen Beine. Nichtsdestotrotz kam der Bus schliesslich irgendwann. Der sichtlich gefrustete und genervte Fahrer warf Gepäck aus und in den Gepäckraum, so dass die Stimmung bereits jetzt zu kippen drohte. Ich musste mich beherrschen, um nicht laut zu werden. Zuerst diese sch**** Verbindung, dann die Verspätung und jetzt warf er noch mein Gepäck (inkl. meiner Spiegelreflexkamera) durch die Gegend. Er musste nun Zeit aufholen, entsprechend fuhr er auch. Unruhig und schnell. Die vierstündige Fahrt überspringe ich hier mal. In Čapljina angekommen machte ich mich zu Fuss zu meinem Hotel. Ich bat, dass noch jemand da war und die 24h-Reception kein Fehler war. Eine Nacht am Bahnhof hätte nicht sein müssen. Eine kleine Treppe von der Strasse führte mich durch eine Tür in einen Raum mit ein paar Sessel und einem kleinen Tisch mit unzähligen Stapeln von Blätter. Das Licht brannte, zu sehen war aber niemand. Ich hörte aus dem Nachbarszimmer, bei welchem die Tür offen stand, ein Schnarchen eines Mannes. Ich machte auf mich aufmerksam, ehe er daraufhin aufwachte. Ein alter verschlafener Mann trat ins Zimmer. Ich versuchte ihm mitzuteilen, dass ich eine Reservation hätte. Er konnte jedoch kein Wort Englisch, immerhin gebrochene Brocken Deutsch. Auf die Bezahlung und die Tatsache, dass ich um 5 Uhr bereits wieder weiterreisen musste gehe ich hier nicht ein. Es dauerte eine Ewigkeit. Ich war müde und wollte nur noch meinen geliebten Schlaf haben. Nachdem er mir mein Zimmer übergab, legte ich mich sofort hin. Keine 5h blieben mir noch, da von Čapljina nach Sarajevo lediglich zwei Verbindungen pro Tag verfügbar sind. Eine um 6 Uhr in der Früh, die andere um 7 Abends. Ein harziger Start in mein bosnisches Abenteuer.

Day 1
Um 5 Uhr klingelte mein Wecker. Da ich an der Bahnstation noch meine Zugtickets abholen musste, weil der Interrail-Pass in Bosnien & Herzegowina nicht gültig ist, stand ich genügend früh am Bahnhof. Immerhin die Ausgabe der Tickets klappte einwandfrei, auch obwohl die Tickets auf eine Verbindung für gestern gebucht waren. Mit einem modernen Zug ging es durch die schöne Landschaft Bosniens nach Sarajevo. Wäre wohl auch einfacher gegangen. Aber sind das nicht diese Geschichten, die du nur auf Reisen erlebst? By the way fiel mir auf, dass ich für Sarajevo noch keine Unterkunft gebucht hatte. Das holte ich um halb 6 in der Früh noch kurz nach. Stand also meinem Aufenthalt in Sarajevo nichts mehr im Weg. Die Fahrt war schön und angenehm. In Sarajevo liegt der Bahnhof etwas ausserhalb dem Stadtzentrum. So ging es mit der Strassenbahn in die Altstadt, wo erstmals ein Frühstück auf mich wartete. Ich war ja auch schon eine Weile auf den Beinen. Nachdem ich in meiner Pension (Pansion Stari Grad, absolut zu empfehlen) mein Zimmer bezogen und mein Gepäck deponiert hatte, ging es zur Sightseeing-Tour. Meine Unterkunft lag extrem gut. Viele Sehenswürdigkeiten waren in wenigen Minuten Fussmarsch zu erreichen. Zuerst ging es zum Sebilj, dann am Rathaus vorbei zur Lateinerbrücke. Nächstes Ziel war die bekannte Gazi Husrev-Beg Moschee, in welcher gerade das Mittagsgebet lief. Es ist spannend, wie Religionen hier Tür an Tür stehen, sich respektieren und so ein friedliches Leben führen können. Denn unweit entfernt steht die Kathedrale Herz Jesu, eine römisch-katholische Bischofskirche im Stadtteil Stari Grad. Nach dem Mittagessen, holte ich mir einige Baklavas und einen Kaffee zum mitnehmen. Weiter gings ins „Museum der Verbrechen gegen Menschlichkeit und Genozid“ von Sarajevo. Ich bin ja nicht der grosse Museumstyp, jedoch ist die Geschichte Sarajevos mit dem Bosnienkrieg 1992-1995 sehr spannend und ein absolutes Muss für jeden Sarajevo-Besucher. Das Wetter war heute wieder einmal prächtig, wie wohl immer bisher. Daher entschied ich mich heute noch mit der Trebević-Seilbahn auf den Hausberg Sarajevos zu fahren. Die Gondelbahn wurde 1959 gebaut und ist heute eines der Wahrzeichen der Stadt. Zwischenzeitlich wurde sie während des Bosnienkrieges zerstört. Seit 2018 ist sie wieder in Betrieb und bringt Touristen und Einheimische auf die Hänge des Trebevićs. Von oben konnte man eine wunderschöne Aussicht geniessen, die Sicht aus der Gondel war allerdings ebenfalls beeindruckend. Ich entschied mich, von oben in die Stadt herunterzulaufen. Rund eine Stunde sagte man mir. Vorbei an der Bobbahn von Olympia 1984 ging es den Berg runter. Man konnte sogar weite Teile auf der Bobbahn heruntergehen. Speziell und einmalig. In der Stadt angekommen, suchte ich ein Restaurant mit bosnischen Spezialitäten. Ein bosnischer Freund aus der Schweiz hat mir diverse Gerichte und Delikatessen aus dem Lande zugeschickt. Das Essen war grossartig, wie schon oft im Balkan. Eigentlich wollte ich mir heute noch den Sonnenuntergang anschauen, dieser verpasste ich allerdings, weil die Sonne früher als geplant hinter ein paar Wolken verschwand. Ich werde es morgen nochmals versuchen.

Day 2
Da ich am ersten Tag bereits sehr viel gesehen habe, nahm ich es heute etwas gemütlicher. Entsprechend stand etwas weniger auf der To-do-Liste. Das Tunnel-Museum, welches sich mit dem wichtigen Sarajevo-Tunnel aus dem Bosnienkrieg beschäftigt, lag hinter dem Flughafen. Mit dem öffentlichen Verkehr waren es beinahe 1.5h Weg. Jedoch nahm ich den Weg auf mich. Das Museum war spannend, ich hätte es mir aber wesentlich grösser vorgestellt. Man konnte hier ebenfalls die ersten 25 Meter des Tunnels besuchen resp. begehen. Der Rest ist aufgrund des Flughafens und des Zusammenfalls momentan nicht zugänglich. Man diskutiert anscheinend aber darüber, den ganzen Tunnel zu rekonstruiren und aufzubereiten. Der Tunnel ist 1.60m hoch, entsprechend war es schwer für mich, mir den Kopf nicht anzustossen. Nachdem ich nach einer Stunde das Museum verliess, kamen Gewitterwolken auf. Hatte ich nun das erste Mal schlechtes Wetter? Nein natürlich nicht. Während ich im Bus sitze, regnete es ganz kurz und ganz leicht. Dann zog das Gewitter schon wieder weg. Den Nachmittag genoss ich bei einer Wasserpfeife und bosnischem Kaffee in einer Bar in der Altstadt. Bosnischer Kaffee ist ja dafür bekannt, anders als der „normale“ zu sein. Ist er, auch wenn ich nicht sagen kann was anders ist. Try it out! Dann gings zum Sonnenuntergang. Ich war wesentlich früher auf dem Aussichtspunkt Žuta tabija (auf Deutsch Gelbe Bastion). Die Sicht, wie auch der Sonnenuntergang waren spitze. Der Himmel schon wieder klar. Von Gewitter keine Spur. Anschliessend gings noch einmal in ein bosnisches Restaurant. Es war mein letzter Abend in Sarajevo.

Day 3
Nachdem ich bei meiner Unterkunft ausgecheckt hatte ging es mit dem Gepäck zum Ayaz Twist Tower. Dieser bietet eine Aussichtsplattform, welche ich gestern aufgrund des Gewitters ausliess. Das Wetter und die Sicht war heute definitiv besser. Gemütlich trank ich einen Kaffee und ass am Bahnhof noch einmal Ćevapčići, ehe ich mit dem Taxi an den Flughafen fuhr. Es folgte ein kurzer Flug nach Belgrad, von wo ich dann mit dem Nachtzug nach Skopje weiter wollte. Air Serbia machte mir allerdings einen Strich durch die Rechnung. Sie vergassen jegliches eingechecktes Gepäck in Sarajevo. Bei 6 Gates und einer überschaubarer Anzahl Gepäckstücke unverständlich. Nichtsdestotrotz war ich gezwungen eine Nacht in Belgrad zu bleiben und auf mein Gepäck zu warten. Voraussichtlich sollte das am kommenden Tag Belgrad erreichen. Sehr mühsam und umständlich, da ich das Gepäck am kommenden Tag am Flughafen abholen musste. Den Nachmittag des Folgetages verbrachte ich in einem Café und arbeitete an meinem Blog. Am Abend ging es dann mit dem Nachtzug von Belgrad nach Skopje, Nordmazedonien (zum Blogbeitrag über Skopje und Priština).

Fazit
Sarajevo ist eine sehr offene, wunderschöne und absolut empfehlenswerte Stadt mit einer unglaublichen Geschichte. Es ist schön und dennoch ungewohnt, dass Religionshäuser sprich Moscheen und Kirchen Tür an Tür gebaut sind. Ich denke, dass der Bosnienkrieg damals sicherlich ein Grund ist, warum die Stadt heute so offen ist. Für mich reiht sich Sarajevo sehr weit oben, und das verdient, in meinen Lieblingsstädten ein. Allgemein das Land Bosnien & Herzegowina hat mich beeindruckt. Ich werde hoffentlich einmal wiederkehren und mir das Land ausserhalb der Metropole anschauen können.

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