Anreise
Mit dem Flugzeug ging es von Tiflis nach Jerewan. Bei schönem Sonnenuntergang landeten wir pünktlich in der armenischen Hauptstadt. Unser zuvor gebuchter Taxifahrer stand bereits mit dem Schild im Abholbereich, nahm uns mit und lud uns vor dem Hotel ab. Die Strassen sind belebt, die Restaurants voll. Von jung bis alt. Alle sind unterwegs. Nach einem kurzen Gang zum Supermarkt ging es für uns jedoch zurück ins Hotelzimmer, wo ich mir zu später Stunde noch eine Auswärtsniederlage des Herzensklubs BSC Young Boys in Lausanne ansehen durfte. Aufgrund der Zeitverschiebung begann das Spiel erst um 22:30 und war entsprechend spät zu Ende.
Tag 1 (Jerewan)
Da es gestern wieder später wurde, war auch heute eher ein gemütlicher Morgen. Gemütlich aufstehen und ohne Stress den Tag planen. So sollte doch Urlaub sein. Danach ging es zu Fuss durch die Fussgängerzone, welche auch heute wieder sehr belebt ist, zum Charles Aznavour Square. Ein lebendiger Platz mit Springbrunnen und Parkbänken. Vom einen Springbrunnen ging es zum Nächsten. Beim Platz der Republik gibt es vor der Nationalgalerie einen ebenfalls grossen Springbrunnen. Der Platz hat eine enorme Wucht und auf allen Seiten ragen sehenswerte Gebäude in die Höhe. Auf den Bildern ist das nur beschränkt sichtbar, da ein 360°-Sichtfeld nicht abgedeckt werden kann. Der Autoverkehr stört dieses Gesamtbild natürlich etwas. Nach dem Mittagessen in einem armenischen Restaurant ging es zum Vernissage Market. Der bekannteste Strassenmarkt Armeniens ist ziemlich gross und reiht Stand an Stand. Der Markt bietet neben klassischen Souvenirs für Touristen auch allerlei Handwerkskunst für Interessierte und Sammler. Es ist kein typischer Touristenmarkt und wird im Internet auch als Spiegelbild Armeniens angesehen. Kreativ, historisch und herzlich. Wir schlenderten an den unzähligen Ständen vorbei, schauten uns diverse Sachen an und waren über die Vielfalt und Schönheit fasziniert. Am Ende beliessen wir die Einkäufe bei einem Magneten und zwei armenische Schals/Tücher. Ich muss jedoch erwähnen, wie angenehm diese Verkäufer sind. Sie sprechen dich teilweise an, auch um in ein Verkaufsgespräch zu gelangen, lassen dich aber gemütlich weiterlaufen, ohne dir hinterherzulaufen oder Preise zu drücken. So liebe ich es, Tourist zu sein. Da können sich einige Länder eine Scheibe davon abschneiden. Respekt wird hier, aber auch in Georgien, sehr gross geschrieben. Das merkt man jeden Tag. Danach ging es zur Kirche Gregor des Erleuchters, welche sich unweit des Marktes befand. Die armenisch-apostolische Kathedrale ist durchaus sehenswert und bietet auch innen eine schöne Sicht auf die Kuppel. Über den Aussenbereich und die Hauptstrasse ging es dann zurück zum Hotel. Auf dem Weg ins Zimmer, gönnte ich mir noch einen Kaffee zum Mitnehmen. Ich bestellte mir also einen Flat White Take Away und bezahlte mit meiner Kreditkarte. Auf dem Handy poppte der abgebuchte Betrag auf. Ich war verwirrt und schaute etwas irritiert in die Rechnung vor mir. Aufgrund der neuen Währung musste ich zuerst neu rechnen. CHF 5.27 für einen Kaffee in Armenien. Ich traute meinen Augen nicht. Und es war kein Fehler, der Kaffee kostet in diesem Café tatsächlich so viel. Ich war perplex und kam nicht darauf klar. Selbst in der Schweiz bezahle ich je nach Ort nicht so viel für einen normalen Take-Away-Kaffee. Auf dem beigen Becher ziert der Schriftzug „Doc Therapy Bar“. Genau, eine Therapie brauche ich auch gleich. Nach kurzer Erholung (und die brauchte ich nach dem Kaffee-Schock) im Zimmer, fuhren wir mit dem Taxi nach Abowjan, eine Stadt 10 Kilometer nordöstlich von Jerewan. Dort sahen wir uns eine armenische Kirche an. Und warum genau fahrt ihr dafür 10 Kilometer aus der Hauptstadt raus? Natürlich nicht nur für die Kirche. Um 19:00 stand erneut ein Fussballspiel auf dem Programm. Der FC Pyunik Yerevan spielte gegen den FC BKMA. Über den Parkplatz des Stadions gelangten wir in den Innenbereich. Auf der Suche nach einem Ticketschalter standen wir plötzlich im Stadion. Es schien so, als wäre das Spiel kostenlos. Während der Regen auf das Stadiondach prasselt, plätscherte das Spiel etwas vor sich hin. Erst gegen Ende des Spiels wurde es noch einmal intensiv und spannend. Somit ist auch Fussballländerpunkt 64 eingetütet. Mit dem Taxi ging es dann zurück nach Jerewan. Kurzer Stop beim Shawarma-Stand, danach ins Hotel. Finito für heute.
Tag 2 (Gruppenreise)
Es ist kurz nach Sieben, als der Wecker zum ersten Mal klingelte. Wir haben uns für heute eine Gruppenreise gebucht. Es ist schon länger her, als ich mit einem kleinen Bus und 15 anderen eine Tour gemacht hatte. Dennoch war das hier die beste Option, in die Schönheiten von Armenien einzutauchen. Erneut ein Auto für den Tag zu mieten war uns zu stressig. Wir liefen etwas früher los, um noch den Cascade Complex anzusehen. Wenn wir schon einmal so früh unterwegs sind und alle anderen Touristen noch im Bett liegen, müssen wir das ausnützen. Der Cascade Complex in Jerewan ist ein monumentales Treppenbauwerk mit mehreren Terrassen und einem beeindruckenden Ausblick über die Stadt. Nach unzähligen Treppenstufen und erhöhtem Puls ging es dann zum Treffpunkt, wo unsere Tour um 9 Uhr beginnen sollte. Die Tour ging zum Khor Virap, Noravank, Areni Cave und zum Areni-Weingut. Nach kurzer Anmeldung bei unserem Reiseführer Sam ging es auch bereits los. Die nette Dame überliess mir den Platz an der Türe mit der besten Beinfreiheit. Es ging bereits sympathisch los. Ich habe beim Buchen der Tour zur Freundin gesagt, dass es mindestens einen Franzosen und einen Deutschen in unserer Gruppe geben wird. Und siehe da, so war es. Klassisch wurden die Länder Italien, Frankreich und Deutschland abgedeckt. Der erste Halt war das Kloster Khor Virap, ein geschichtsträchtiges christliches Kloster an der Grenze zur Türkei. Ich könnte euch nun hier alles erzählen, was Sam uns erzählte, doch das wäre zu viel und würde wohl auch nicht alle interessieren. Also googelt es selber ;). Eigentlich würde man hier noch einen Panoramablick auf die zwei Ararat-Berge sehen, dieser wird uns teils von Wolken jedoch verwehrt. Man kann ja nicht immer alles haben. Dennoch versuchte ich, die bestmöglichen Bilder zu schiessen, was mir meiner Meinung nach durchaus gelungen ist. Nach einer knappen Stunde sassen alle wieder im Bus. Der Reiseführer brabbelte etwas Russisches in sein Mikrofon. Er musste aufgrund der zweisprachigen Belegschaft, alles auf Englisch und Russisch erzählen. Somit hatte man auch wieder Pausen, in welchen man nicht zuhören musste. Sobald man es wieder verstanden hatte, konnte man wieder zuhören. Ich muss aber sagen, dass er diese Wechsel sehr gut im Griff hatte. Weiter ging es über Surenavan, wo sich sehr viele Storchenneste befinden, durch eine aserbaidschanische Mini-Enklave zum Kloster Norawank. Beeindruckende Bauten aus dem 13. Jahrhundert erwarteten uns hier. Um auch hier die besten Fotos zu machen, stieg ich den Hang hoch. Natürlich keine Wanderschuhe und nur semi-präparierte Wege (okay eher keine Wege). Aber auch hier hat es sich gelohnt. Von etwas erhöhter Lage sehen diese Anlagen einfach viel besser aus. Die Kirchen und Kloster in Georgien und Armenien sehen übrigens von Innen nie gut aus. Ja aber es hat ja ganz viel Historie. Okay cool, aber sehen dennoch langweilig aus. Die Birds Cave schenken wir uns hier. Eine Höhle, wo bekanntlich der älteste Lederschuh gefunden worden sein sollte. Bemerkenswert. Die armenischen Archäologen sehen das sicher etwas anders als ich. Aber auch okay. Nach einem armenischen Mittagessen ging es nach Areni zu einer Weinprobe. Da weder ich noch meine Freundin Alkohol trinken, blieben für uns nur Cracker und Käse. Es gab jedoch keine Gruppentour ohne eine Weindegustation. In einem Land, welches für seine Weine bekannt ist, auch verständlich. Nachdem alle ihre acht verschiedenen Weine versucht hatten, fuhren wir ca. 2h zurück nach Jerewan. Während der Fahrt erreichte uns ein heftiges Gewitter. Die Schnellstrasse wurde zu einem Aqua-Planning-Bach. An der Stadtgrenze angekommen musste sich der Fahrer durch den Feierabendverkehr kämpfen, was so mässig schnell gelang. Aber das kannten wir bereits von Georgien und dennoch raubt es mächtig Zeit. Nach Ankunft am Ausgangs- und somit auch Endpunkt der Tour gab es für uns zu Abendessen Lahmacun (auch armenische Pizza genannt). Lahmacun ist in Armenien sehr verbreitet und ist ein Fladenbrot, welches mit einer Mischung aus Hackfleisch, Tomaten und Zwiebeln bestrichen wird. Für zwei Getränke und drei Lahmacuns bezahlten wir keine 5 Franken. Ein Kaffee in diesem doofen hippen Café kostet mehr. Fürs Protokoll: Ich schüttle bedient den Kopf. Müde aber glücklich stapften wir durch den Regen zurück zum Hotel und verbrachten den Rest des Abends im Zimmer. Irgendwann muss man diese Zeilen ja auch schreiben. Jedoch mit Vergnügen. Fazit des Tages: Gelungener Ausflug.
Tag 3 (Jerewan)
Nach dem sehr erreignisreichen Tag gestern, wurde es heute etwas gemütlicher. Das ist auch wetterbedingt. Am Nachmittag erwarten wir wieder starker Regen, was den Tagesplan natürlich beeinflusst. So haben wir uns für heute eigentlich nicht sehr viel vorgenommen. Auch weil wir einige Sehenswürdigkeiten wie Aussichtspunkte bei schönem Wetter geniessen wollen. Der Tag startet für uns im Café Nönö in der Innenstadt. Dort genossen wir ein gutes Frühstück und ich kam in den Genuss eines brillianten Kaffees. Schon lange nicht mehr so einen guten Kaffee getrunken. Halb so teuer und x-fach besser als im anderen Café. Wie ihr leicht erkennen könnt, beschäftigt mich der überteuerte Kaffee weiterhin 😉 Nach einem gemütlichen Start in den Tag ging es dann zum Museum der Armenischen Geschichte direkt am Platz der Republik. Wir sind beide nicht zwingend die Museumsbesucher schlechthin. Aufgrund des doch ziemlich bewölkten Wetters, entschieden wir uns jedoch, das Museum zu besuchen. Es war spannend, auch wenn einige Teile ziemlich abstrakt waren. Und ab einem gewissen Punkt kommt auch mein Fachenglisch an die Grenzen, um alle Zusammenhänge zu verstehen. Es war schade, dass der neuste oder aktuellste Teil der Geschichte aktuell geschlossen war. Aus meiner Sicht wäre das der interessanteste Bereich gewesen. Mit dieser Zeit kann ich mich auch identifizieren. Welche Völker in der Steinzeit oder Antike welche Gegenstände verwendet haben ist nun mal sehr fremd. Nachdem wir alle Bereiche besucht hatten, ging es weiter in einen Bücherladen. Das Pendant des Stadions ist nun mal der Buchladen für meine Freundin. Nach erfolgreichem Besuch dieser ging es zu einem Lahmajun-Restaurant. Ganz versteckt, etwas weg von der Strasse, in einem Innenhof mit Parkplatz. Selbst mit Google-Maps-Standort konnte man es nicht auf Anhieb sehen. Wir sind auch nur aufgrund der guten Bewertung von 4.9 von 5 Sternen darauf aufmerksam geworden. Auf die Frage, ob es schwierig sei, hier Kunden zu gewinnen, antwortete die freundliche ältere Dame folgendes: „Ja, aber an der Strasse ist die Miete sehr teuer“. Knapp 6 Schweizer Franken kostete uns das Mittagessen. Wieder einmal grandios. Ich erwähne hier nun nicht jedes Restaurant mit Namen. Falls du/ihr jedoch plant, nach Armenien resp. Jerewan zu reisen, stelle ich gerne eine Liste aller guten Restaurants zusammen. Auf dem Rückweg ins Hotel holten wir uns noch ein Dessert und einen Kaffee. Es fing bereits an etwas zu regnen. Noch schafften wir es zurück, ohne wirklich nass zu werden. Während wir dann im Hotelzimmer sassen, regnete es draussen mächtig. Der Parkplatz im Innenhof des Hotels war überflutet. Die in der Mitte parkierten Auto standen alle in einer Pfütze. Einsteigen, ohne nasse Füsse zu kriegen war schwierig. Zum Glück sind wir nur zu Fuss unterwegs. Eigentlich hätten wir noch geplant, am frühen Abend einen Aussichtspunkt anzusteuern. Der dunkle Himmel hielt uns dann jedoch davon ab. Am Donnerstag sollte es dann schöner sein. Zum Abendessen kehrten wir wieder in ein armenisches Restaurant ein und kosteten uns einmal quer durch die armenische Küche. Spezialitäten um Spezialitäten. Ein rundum gelungenes Abendessen und wohl eines der besten Restaurants, welches wir auf unserer Reise besuchten. Authentisch, lokal und lecker. Auf dem Heimweg wird uns klar, dass wir nur noch zwei Tage bleiben, bis wir Armenien verlassen. Noch fühlt es sich nicht real an. Zu gross ist die Dankbarkeit für alles Erlebte, zu präsent das Gefühl der Zufriedenheit. So soll es aber auch sein. Bis zum Schluss geniessen.
Tag 4 (Private Tour)
Wieder einmal fängt der frühe Vogel den Wurm. Für den heutigen Tag haben wir eine private Tour mit einem Fahrer gebucht. Durch diesen hatten wir mehr Flexibilität und können den Tag so gestalten, wie es uns passt. Die heutigen Reiseziele: Torbogen von Tscharenz, Tempel von Garni, Kloster Geghard, Sewansee und das Kloster Sewanawank. Eigentlich wären 60-70 Minuten an den grossen Sehenswürdigkeiten geplant. Da wir diese jedoch meistens nicht brauchen, haben wir angefragt, alles etwas schneller zu besuchen. So, dass wir gegen 15:30 wieder in Jerewan sind und ich am späten Nachmittag noch ein Fussballspiel anschauen kann. Der Himmel ist strahlend blau, der Geruch der Sonnencreme in der Nase und die Vorfreude auf einen weiteren erlebnisreichen Tag. Unser Fahrer Grigor erschien pünktlich um 08:00 vor unserem Hotel. Steht er bereits da, mit weissem Hemd und dunkelblauer Jeans. Hinter ihm ein weisser 8-Plätzer mit dem Aufdruck Hyur Service. Wir hätten eigentlich ein normales Auto erwartet, so wurde es auch auf der Webseite beschrieben. Nun fahren wir also unsere Tour zu zweit in einem Minibus. Passt auch. Der erste Halt war beim Charent’s Arch, ein Torbogen mit Sicht auf den Berg Ararat. Aufgrund unserem frühen Start der Tour, waren wir entsprechend früh bereits da. Von Touristen noch keine grosse Spur. Die Souvenirhändler bauten erst ihre Stände auf. So konnten wir in Ruhe unsere Fotos machen. Das ist das praktische an einem privaten Fahrer, man kann sich so lange Zeit nehmen, wie man braucht. Und zeitnah auch wieder weiter. So ging es weiter zum Kloster Geghard, welches sich am Ende des Tals befindet. Die Fahrt dahin war atemberaubend. Auf der rechten Seite hatte man fast durchgehend den Ararat im Blick. Die Fahrt ging durch kleine Dörfer, wieder einmal an Kühen und Hünden vorbei und hatte diverse kurvigen Passagen. Am Kloster angekommen, war wieder einmal komplette Ruhe zu spüren. Es ist kurz nach 9 Uhr, die meisten Touren starten erst. Das Kloster Geghard hat man schnell gesehen. Mit der Kuppel ist der Hauptteil des Klosters mit Gerüsten umgeben. Sehr schön. Fotomotiv gewesen. Immerhin hat es dahinter noch eine niedliche Brücke. Nach der Tour vom Montag wirkte das alles wie ein Downgrade. Hatten wir die Highlights wirklich alle schon vorgestern gesehen? Nein, das würde ich nicht behaupten. Man soll ja jeweils den Tag nicht vor dem Abend loben. So gilt es auch andersherum. Den Teufel nicht gleich schon an die Wand malen. Auf dem Rückweg aus dem Tal stand dann der Tempel von Garni auf dem Programm. Und noch einmal die gleiche schöne Strecke zurück. Der eindrucksvolle Tempel stammt aus dem 1. Jahrhundert und enthält Säulen im griechischen Stil. Auch hier halten sich die Anzahl Touristen in Grenzen. Ich will nicht wissen, wie es hier in der Hauptsaison zu angemessener Zeit aussieht. Ein Foto nur mit dem Tempel wohl unvorstellbar. Ich bin so froh, waren wir vor allen anderen da. Dazu das perfekte Wetter. Was will man mehr? Apropos Meer, da würde ich auch gerne hinfahren. Nur doof, dass Armenien keinen Meerzugang besitzt. Dann halt an einen See. Und genau das ist das nächste Ziel. Der Sewansee im Osten des Landes, gut 1.5 Stunden von Jerewan entfernt. Auf der Sevan Island, eine Halbinsel neben der Stadt Sewan, assen wir unser Mittagessen. Dieses haben wir bei der Tour mitgebucht. Wir wussten also nicht, was es geben würde. Am Ende war der Tisch voll. Unzählige Spezialitäten sowie lokalen Fisch. Während ich ihn durchaus gut fand, hatte meine Freundin eher weniger Freude. Zum Glück gab es noch einiges anderes, so, dass auch sie nicht hungrig vom Tisch musste. Das Restaurant lag direkt am See, die Sonne schien wunderschön rein. Wir, zu zweit, sassen alleine im Saal. Zeit für uns, Blick ins Blaue und etwas Sonne im Gesicht. Der Moment war an Perfektion kaum zu überbieten. Nach einem kurzen Spaziergang am Ufer des Sees schlenderten wir zurück zu unserem Fahrer Grigor. Er meinte dann, dass wir nun wie abgemacht nach Jerewan zurückkehren würden. Wir schauten uns fragend an, was denn mit dem letzten Stopp, dem Sewanawank Kloster, sei. Er zeigte auf den Hügel und meinte per Google Sprachübersetzer, dass da kein Auto hochfährt und man die 280 Stufen zu Fuss gehen muss. Das war uns so nicht bewusst. Motor wieder ausschalten, Beine auspacken. Und so nahmen wir die unzähligen Stufen in Angriff. Unterwegs nach oben wurde uns wohl 10x traditioneller Granatapfelsaft angeboten, den wir dankend ablehnten. Der Aufstieg war schnell geschafft und weniger zeitintensiv als erwartet. Von oben konnte man einen guten Ausblick über den Sewansee geniessen. Auch wenn der Wind dazu beitrug, dass es dennoch frisch war. Wir genossen die Aussicht, spazierten noch etwas weiter nach hinten, bevor wir den Abstieg bewältigten. Ein Kaffee für unterwegs und schon ging es zurück nach Jerewan. Das mit dem etwas früher zurückkommen und dem Stau aus dem Weg gehen, funktionierte nur bedingt. Grigor kämpfte sich durch den Stau und liess uns etwas nach 15:00 vor dem Hoteleingang ausstiegen. Etwas Trinkgeld, ein letztes Lächeln und ein gebrochen englisches „Thank you“. Und schon war die Tour auch schon wieder vorbei. So ging es kurz ins Hotelzimmer und wenig später mit dem Taxi zum Fussballspiel. FC Pyunik Academy gegen den FC Ararat Yerevan II, welches wenige Gehminuten vom legendären Stadion Hrasdan entfernt gespielt wurde. Die meisten meiner Leserinnen und Leser kennen das Stadion wohl nicht. In der Bildergalerie könnt ihr sehen, warum ich in den nächsten Zeilen so von dem Stadion schwärme. Nach dem Fussballspiel schaute ich mir dieses eben erwähnte Stadion an. Es brauchte eine gewisse Zeit, bis ich eine offene Türe fand. Seit 10 Jahren wird hier nicht mehr gespielt. Das Stadion wirkt heruntergekommen. Pflanzen wachsen aus den Fugen, Dreck und Abfall (auch Sperrgut) sammelten sich. Zum Teil fehlen Sitzschalen, Schilder und Kabel hängen herunter. Die Tatsache, dass das Feld gezeichnet ist und Tore stehen ist wohl darauf zurückzuführen, dass ein Verein ab und an hier trainiert. Bevor mein nostalgische Fussball- und Stadionherz noch komplett durchdreht, klemmen wir hier ab und kehren zum Reisecontent zurück 😉 Weiterhin vom Stadion geflasht, ging ich zu Fuss zurück in die Stadt, wo ich mich mit meiner Freundin vor dem Hotel verabredete. Ein Taxi sollte uns zum Mother Armenia Monument bringen. Von da oben soll der Blick auf die Stadt bei Sonnenuntergang sehr schön sein. Und das war er. Ich kann nicht in Worte fassen, wie wunderschön dieser Ausblick war. Die Stadt im Abendlicht, dahinter ragt der Ararat hervor. Die Bilder sind mega und doch war es in Realität noch atemberaubender. Wir liefen dann von da aus über den Observation Point und den Cascade Complex in die Stadt. Von beiden Orten, wäre der Sonnenuntergang sicherlich auch wunderschön gewesen. Man hat hier also die Qual der Wahl. Der Cascade Complex war aber entsprechend überfüllt. Scheint der Hotspot Nr. 1 zu sein. Da war es weiter oben schon durchaus angenehmer. Es scheint ebenfalls so, als würde der Cascade Complex und der Observation Point noch miteinander verbunden werden. Die baulichen Massnahmen lassen zumindest diese Interpretation offen. Am Abend suchten wir in der belebten Gegend ein Restaurant. Heute einmal einen Italiener. Fantastisches Essen, coole Location. Happy travellers.
Tag 5 (Jerewan)
Der letzte Tag unserer Reise ist nun auch bereits Tatsache. Irgendwie ging es nun dennoch schnell, auf der anderen Seite habe ich das Gefühl, dass wir gefühlt schon sehr lange unterwegs sind. Gestartet hat unser Tag, wie bereits vorgestern, im Café Nönö. Der gute Kaffee und die frischen Frühstücksangebote gingen nicht mehr aus dem Kopf, so dass wir wiederkamen. Nach einem ausgezeichneten Frühstück liefen wir zur blauen Moschee, etwas südlich des Stadtzentrums. Die blaue Moschee ist vor allem für die farbigen Wände und die blaue Kuppel bekannt. Im Sonnenlicht natürlich ein wunderschönes Fotomotiv. Von da aus dann mit dem Taxi zum Genozid-Denkmal (Zizernakaberd). Der wohl geschichtlich schlimmste Teil des Landes. Der Völkermord an den Armenier begann 1915 im Osmanischen Reich, als bis zu 1,5 Millionen Armenier systematisch vertrieben und ermordet wurden. Die osmanische Führung betrachtete die christlich-armenische Minderheit als Bedrohung und nutzte den Ersten Weltkrieg als Vorwand für ethnische „Säuberungen“. Nachdem wir uns das Denkmal angeschaut haben, ging es zum benachbarten Karen Demirchyan Sports Complex. Da findet die nächsten Tage per Zufall die Europameisterschaft in Karate statt. Diesen Zufall nutzten wir, uns diese Sportart live anzusehen. Wir hatten beide keine Ahnung. ChatGPT erklärte uns die Basisregeln, den Rest war Lernen während dem Zuschauen. Die Halle beinhaltete vier Kampfplätze, auf welchen bei allen gleichzeitig gekämpft wurde. Wir haben unter anderem auch einige Schweizer im Einsatz gesehen und mit ihnen entsprechend mitgelitten. Etwas Patriotismus muss doch sein. Für die 9 Schweizer Franken hätten wir den ganzen Tag inkl. Eröffnungsfeier bleiben können. Aufgrund unseres anderweitigen Programms gingen wir jedoch nach knapp 2.5h zurück in die Stadt. Nach kurzem Stopp im Hotel, liefen wir zum nächsten und damit letzten Fussballspiel. Im Nationalstadion Armeniens spielte heute der FC Ararat Yerevan gegen den FC Van. Das Heimteam gewann nach einem Traumtor in der Nachspielzeit. Während dem Spiel habe ich mich mit einem Deutschen unterhalten, während die Freundin sich mehr auf ihr Buch als auf das Spiel konzentrierte 😉 In der Abendsonne spazierten wir dann zurück ins Zentrum, genossen unser letztes Abendessen und besuchten zu guter Letzt das Wasserspiel beim Springbrunnen am Platz der Republik
Und dann war es auch schon soweit. Zeit auf Wiedersehen zu sagen und das schöne Land hinter uns zu lassen. Um 01:45 ging unser Flug. Was für eine unmenschliche Zeit. Mit kurzem Zwischenstopp in Brüssel, landeten wir am Freitagmorgen um acht Uhr am Zürich Flughafen. Alle gehen zur Arbeit, wir müde nach Hause.
Fazit Jerewan/Armenien & Vergleich mit Georgien
Ja wo soll ich beginnen? Jerewan ist eine wunderschöne Stadt, hat viel zu bieten und ist sehr vielfältig. Die Stadt ist lebendig. Schon nur, als wir spätabends angekommen sind. Die Restaurants sind voll, die Fussgängerzone prall gefüllt. Erstaunlich viele Familien, Frauen & Kinder sind unterwegs. Besonders auffällig viele Frauen waren unterwegs. Tagsüber aber auch abends. Ich hätte gesagt, dass ca. zwei Drittel der Menschen auf der Strasse weiblich waren. Ein krasses Gegenstück zu Georgien. Im Nachbarstaat sind vorwiegend Männer unterwegs. An allen Kreuzungen und Strassen stehen Männer im Alter zwischen 25 und 50. Frauen und Familien sind eher weniger zu sehen. Was sind die Gründe? Da gibt es sicher mehrere Faktoren. Armenien gilt als eines der sichersten Länder der Region, pflegt eine Ausgehkultur und ist grundsätzlich sehr gemeinschaftsorientiert. In Georgien, speziell Tiflis, ist das alles etwas zurückhaltender. Während in Armenien eine moderne und westliche urbane Situation herrscht, ist in Georgien oft noch das veraltete Rollenbild (Haushalt, Kochen, etc) präsent. Auch Tiflis ist hier in einem Wandel, jedoch nicht so stark ausgeprägt wie in Jerewan. Was mir auch auffiel, ist der Eindruck, dass man in Tiflis an Orten Tourist ist, wo für den Tourismus präpariert worden sind. In Jerewan habe ich das Gefühl, dass ich da Tourist bin, wo auch die Menschen unterwegs sind oder wohnen. Du bist Teil dieser Welt und nicht in deiner eigenen Touristenbubble. Zusammengefasst ist Georgien meiner Meinung nach touristischer, Armenien jedoch moderner und internationaler. Von der Natur und den besuchten Orten hat uns Armenien besser gefallen. Ich versuche hier, Georgien nicht schlechtzureden. Georgien ist sehr schön (nicht alles aber vieles), aber wenn man danach in Armenien war, wirkt alles vorher erlebte etwas weniger schön. Mehr über Georgien und das Erlebte im Nachbarland kannst du jedoch in den anderen zwei Blogbeiträgen erfahren.
Danke fürs Lesen. Positives Feedback, wie auch Kritik, ist jederzeit willkommen. Und wie bereits erwähnt, Tipps und Empfehlungen für geplante Reisen nach Armenien & Georgien gebe ich gerne auf Anfrage raus. Dir fehlen die kulinarischen Fotos? Eine Kulinarik-Galerie, konsolidiert über die ganze Reise, findest du auf der Übersichtsseite der Reise.

Jerewan & Highlights Armeniens
Das könnte Sie ebenfalls interessieren
-
Jerewan & Highlights Armeniens
Jerewan empfing uns lebendig und herzlich: volle Gassen, bunte Märkte, die vielen Gespräche mit Einheimischen. Über die Tage hinweg sammelten wir…
-
Kutaissi, Batumi & Norden Georgiens
Von der georgischen Hauptstadt Tiflis ging es mit dem Mietwagen auf einen sechstägigen Roadtrip nach Kutaissi und Batumi. Atemberaubende Klöster, steile…
-
Tiflis
Wir entdeckten Tiflis mit seiner charmanten Altstadt, köstlicher Küche, eindrucksvollen Kirchen und herrlichen Ausblicken – eine Stadt voller Geschichte, Geschmack und…