Kairo

In Kairo angekommen ging es mit einem Taxi zum Hotel. Zu meiner Freude erhielt ich im Ramses Hilton Hotel ein kostenloses Zimmer-Upgrade in ein Eckzimmer mit Sicht auf Nil und Stadt im 29. Stock, in welcher sich auch Suiten befanden. Herrlich diese Aussicht von da oben. Da mein Schlaf aufgrund der rüttelnden Fahrt im Nachtzug etwas gelitten hatte, entschied ich mich am ersten Tag einen ruhigen Tag einzulegen. So blieb man im Hotel, stellte den Blogpost fertig und bearbeitete Bilder der letzten Tage. Lediglich für einen Spaziergang in der Nähe des Hotels ging man am Nachmittag raus. Das Abendessen genoss man im indischen Restaurant im gleichen Gebäude, in dem sich auch das Hotel befand. Mit vier Tagen in Kairo, konnte ich mir einen entsprechenden Ruhetag auch gönnen, gibt es die folgenden Tage doch noch das eine oder andere Sightseeing-Highlight.

Day 2
Es war 07:45, als ich etwas müde am Frühstück auftauchte. Ein paar frische Früchte, einen Kaffee und ein Glas Orangensaft reichten mir. Danach ging es in einer gebuchten Tagestour zu den wichtigen Sehenswürdigkeiten in Kairo. Wir starteten mit einer Fahrt nach Memphis im Süden von Kairo. Die Hauptstadt aus dem Jahre 2500 v. Chr. und ihre Ruinen sind heute Teil des Unesco-Welterbes. Nach einer kurzen Geschichtslektion ging es mit dem Privatauto in die nahegelegene Stadt Saqqarah, wo auch die Djoser-Pyramide steht. Hier fand man das weltweit erste grosse Bauwerk. Wisst ihr eigentlich warum Pyramiden gebaut wurden? Es gibt zwei Gründe dafür. Erstens, als Schutz vor dem Grab des Gottes, zweitens um alle wichtigen Sachen für ein zweites Leben nach dem Tod aufzubewahren. Die ganzen Pyramiden und Ruinen in Saqqarah bzw. Memphis waren spannend, aber rissen mich nicht wirklich vom Hocker. Während Tonsi, mein Guide für diese Tour, mir unterschiedliche Möglichkeiten präsentierte, was man alles anschauen gehen könnte, fuhr der Fahrer wieder Richtung Kairo. Wir fuhren zu den weltbekannten Pyramiden von Gizeh, das einzige erhaltene der sieben Weltwunder der Antike. Doch bevor wir zum Highlight kamen, hielten wir in diversen Fabriken an. Der erste Stopp war eine Teppichfabrik. Mir wurde gezeigt, wie ein handgemachter ägyptischer Teppich entsteht. Der Arbeiter bat mich, mich neben ihn zu setzen und einige Schritte selbst zu tätigen. Nach einigen Versuchen hatte ich es verinnerlicht. Ich könnte also hier arbeiten 🙂 Während der Arbeiter im Vergleich zu mir bereits wieder in zehnfacher Geschwindigkeit weiter am Teppich arbeitete, erklärte mir ein anderer, was es alles dazu benötigte. Ein Teppichfabrikarbeiter verdient rund 25 Schweizer Franken an einem Arbeitstag, obwohl dieser nur ca. 4-5 Stunden dauert. Für ägyptische Verhältnisse ist das ziemlich gut, verdient doch der Durchschnittsägypter rund 100 Schweizer Franken im Monat. Zum Vergleich: Ein Schweizer mit 4000 Franken monatlich, verdient diese in einem Morgen. Während der Verkäufer fragte, ob ich interessiert sei, mir die Objekte im zweiten Stock anzusehen, verneinte ich. Egal, wie schön diese auch sind, ich brauchte keinen Teppich für Zuhause. Auch keinen kleinen. Ich bedankte mich und wir gingen ein paar Häuser weiter. Dort befand sich eine Papyrusfabrik. Er zeigte mir, wie man aus den Fasern des Echten Papyrus Schriftblätter herstellt und diese bemalt werden. Natürlich wollte er mir auch ein entsprechendes Exemplar verkaufen. Doch brauchte ich das wirklich? Ist das nicht wieder etwas, was nur rumliegt? Kann sein, doch auch hier wollte ich jemanden unterstützen, der in der aktuellen Zeit sehr wenige Verkäufe tätigt. Ich nahm ein ägyptisches Papyrus mit meinem Namen darin geschrieben. Ich verneinte, als er mir ein zweites zu einem Kombipreis anbieten wollte. 800 ägyptische Pfund, sprich knapp 50 Franken liess ich mir das kosten. Er rollte es in eine transportfähige Verpackung und übergab es mir. Ich bedankte mich und ging wieder zum Ausgang, wo der Fahrer, wie auch Tonsi auf mich warteten. Es war ein komisches Gefühl, dass er mir jedes Mal wie ein Butler die Tür zum Wagen öffnete. Ebenfalls Wasser und Snacks lagen im Auto für mich bereit. Nun, als Tourist ist man hier halt der König. Ist schwierig ihm das auszureden. Weiter geht es zu den Pyramiden von Gizeh. Die grösste und vermutlich bekannteste Pyramide ist die des Pharao Cheops, welche fast 150 Meter hoch war (heute knapp 139m) und aus 3 Millionen Steinblöcken besteht, deren Durchschnittsgewicht bei 2.5 Tonnen liegt. Doch bevor wir zu den Pyramiden gingen, musste ich auf die Toilette. Ich suchte diese auf und musste feststellen, dass der Preis für Ausländer doppelt so hoch war, wie derjenige der Einheimischen. Ebenfalls hatte ich noch nie ein physisches Ticket für ein Toilettengang erhalten. Dafür aber mit Full-Service. Nachdem ich vom Pissoir zum Waschbereich zurücklief, stand bereits einer, der mir den Knopf bei der Seife drückte, mir den Wasserhahn aufdrehte und mir Tücher zum Trocknen entgegenstreckte, sowie den Kehrricht öffnete. Wäre nicht nötig gewesen, aber danke. Dann ging es los. Das Bauwerk ist massiv. Man stand davor und denkt sich: Wow! Aufgrund der Mittagssonne, konnte man unmittelbar davor aufgrund des Gegenlichts nicht die besten Fotos machen. Nachdem ich vor den Pyramiden meine Fotos gemacht hatte, holte uns der Fahrer ab und wir fuhren weiter nach hinten, zur sogenannten „Panorama-View“. Ist das die Sicht, welche ich auf allen Fotos im Internet gesehen hatte? Ich hoffte es. Ich stieg aus dem Auto und erblickte die drei Pyramiden. Es war ein Traum. Ich konnte die Pyramiden, wie auch die Kamele im Vordergrund nicht lange genug anschauen. Es war wunderschön. Tonsi hatte Recht, als er sagte, dass er täglich hierherkomme und jedes Mal von den Pyramiden fasziniert sei. Ich verliebte mich in diese Sicht, in dieses Bild und in diesen Moment. Ich schoss unzählige Bilder mit dem Mobiltelefon, aber hauptsächlich mit der Kamera. Postkartenmaterial, ich sags euch! Wir nehmen den hinteren Ausgang und liessen die Schönheit hinter uns. Weiter geht es mit Mittagessen. Während er mich bereits am Morgen im Auto gefragt hatte, was ich bereits alles an ägyptischen Speisen gekostet hätte, schlug er vor das beste Kuschari zu versuchen. Ich war einverstanden und wir fuhren hin. Kuschari besteht typischerweise aus schwarzen oder roten Linsen, Reis, kleinen Nudeln (meist eine Art kurze Makkaroni) und Kichererbsen. Die Zutaten werden meist separat gegart, dann gemischt und mit Essig, Tomatensauce, Knoblauch und Röstzwiebeln gewürzt. Zum Nachtisch gab es traditionellen süssen Milchreis. Es schmeckte mir sehr. Eigentlich wäre hier der Sightseeing-Teil durch und man würde mich zurück zum Hotel fahren. Wir waren richtig schnell. Ich bin jedoch auch nicht einer, der ewigs vor Sehenswürdigkeiten steht. So fragte ich, ob wir noch einen Kaffee in einem benachbarten Café trinken könnten. Er sagte, dass er mich zu seinem Stammlokal mitnehmen würde, wo er jeweils mit seinen Jungs sei. Ich freute mich und er nahm mich in das „local life of egypt“. Ich bestellte einen Kaffee, wechselte aber bald auf den ägyptischen Tee. Dazu gab es eine Shisha (Wasserpfeife). Wir diskutierten über viele Themen. Jetzt wurde er vom Tourguide zum Freund. Wir quatschten über Fussball, Familie, das Leben und die Unterschiede zwischen Ägypten und der Schweiz. Ich fühlte mich pudelwohl. Wir sassen über zwei Stunden darin, bevor mich der Fahrer zurück zu meinem Hotel brachte. Ich strahlte über beide Ohren, gab ihm Trinkgeld und stieg glücklich aus dem Wagen. Diese Tage, welche dich nah an die Gesellschaft der jeweiligen Kultur bringen, sind für mich das Wertvollste, was du in einem Land erleben kannst. Es war der schönste Tag meiner Reise in Ägypten. Ich spürte so viel Liebe und Akzeptanz, speziell in diesem Café, als wäre ich bereits Monate hier und würde dieses regelmässig besuchen. Während die Sonne über dem Nil unterging, machte ich mich auf den Weg in die Stadt, auf die Suche nach ägyptischem Essen, bevor ich zum Hotel zurückkehrte und den Abend im Zimmer verbrachte.

Day 3
Nach dem schönen Tag gestern, kam heute der emotionale Teil. Ich besuchte die Deutsche Evangelische Oberschule in Kairo. Warum aber ist das emotional? Meine Grosseltern lernten sich in Kairo kennen und lebten fast drei Jahre in der ägyptischen Hauptstadt. Meine Oma arbeitete vor gut 60 Jahren hier als Deutschlehrerin. Die Stadt Kairo hat für mich also eine spezielle Bedeutung, ist es doch irgendwie der Anfang unserer Familiengeschichte. Um so schmerzhafter ist es, dass ich meine Erlebnisse nicht mehr mit meinem Grossvater teilen kann, da er im Frühling letzten Jahres verstarb. Er war jederzeit an meinen Reisen und Geschichten interessiert. Ich hätte ihm gerne auch diese Geschichte erzählt. In den letzten Tagen wurde mir bewusst, wie emotional diese Konstellation war. Mehr als ich angenommen hatte. Ich hoffe, dass er meine Geschichten und Erlebnisse über dieses Land und die Stadt Kairo von oben herab mitangesehen hat. Während ich bei der Führung durch die Schule eigentlich eine deutschsprachige Person erwartet hatte, wurde das vor Ort an den Sicherheitsmann delegiert, der weder richtig Englisch noch richtig Deutsch sprechen konnte. Schade. Die Sicherheit stand hier an erster Stelle. Ich gab meinen Reisepass beim Betreten des Geländes ab und bekam ihn erst beim Verlassen des Geländes wieder ausgehändigt. Ebenfalls das Fotografieren war verboten, ist auf dem ganzen Schulgelände doch Handyverbot, auch für Schüler. Entsprechende Schilder sind überall aufgehängt. Nach 15 Minuten Führung verliess ich die Schule etwas enttäuscht wieder. Ich hätte mehr erwartet. Der Versuch war es Wert. Ich trank einen Kaffee im benachbarten Café, bevor ich fürs Mittagessen in einem yeminitischem Restaurant Platz nahm. Danach ging es mit einem Uber-Taxi zurück ins Hotel. Ich lud meinen Handyakku auf, bevor es um 15:30 zu meinem Kamelritt bei den Pyramiden von Gizeh bei Sonnenungergang ging. Der Fahrer holte mich beim Hotel ab und fuhr mich im katastrophalen Verkehr von Kairo zum Startpunkt der Kamel-Tour. Das Kamel wirkte auf mich so, wie ich auf kleine Menschen: Riesig! 😉 Ich stieg auf und es ging los. Quer durch Stein- und Müllbergen hinauf in die Wüste. Wer sich vorstellte, dass die Sonne hinter den Pyramiden untergeht und man daran vorbeireitet, hat sich getäuscht. Auch ich. Die Sonne lag im Rücken, die Luft unklar und der Guide demotiviert. So hab ich mir das nicht vorgestellt. Dennoch ist es eine einmalige Erfahrung und ich genoss sie. Überzeugung ist jedoch anders. Nachdem wir in der Wüste Fotos gemacht haben und wieder zum Startpunkt zurückgekehrt waren, wartete bereits der Fahrer auf mich. Ich gab dem Guide 50 ägyptische Pfund Trinkgeld, ehe er sich beklagte, wie wenig das sei und andere ihm 200 gegeben hätten. Auf einer Tour die fast 50 Franken kostet noch einmal 15.- Trinkgeld geben, dafür dass es ein unmotivierter Ritt von 30 Minuten war, naja. Gesamtdauer wurde übrigens mit 4 Stunden geworben. Von Abholung bis Abladen beim Hotel verstrichen lediglich zwei Stunden. Enttäuschung Nummer zwei am heutigen Tag. Kann passieren. Er nahm sein Geld, ich stieg in den Wagen und wir fuhren los. Selten so einen undankbaren Menschen gesehen. In einer Zeit, in der er ohnehin schon wenig verdient, sollte er nicht noch die anwesenden Touristen vergraulen. Ich kehrte zum Hotel zurück und genoss lokales Essen in der Stadt, bevor dieser an Highlights dürftige Tag zu Ende ging.

Day 4
Da kam er, der letzte Tag in Kairo resp. Ägypten. Morgen geht mein Flug nach Hause. Wie meistens überall ging ich den letzten Tag auf Reisen ruhig an. Das war auch mein Motto an diesem Tag. Gemütlich ging es am Morgen zum ausgiebigen Frühstück. Endlich hatte ich mal keine Tour und konnte ausschlafen. Während man am Morgen noch Bilder bearbeitete machte man sich nach dem Mittag mit dem Uber-Taxi in Richtung Neu-Kairo, genauer gesagt zum Petro Sport Stadium, wo heute ein Geisterspiel der hächsten ägyptischen Liga stattfand. Mit wenig Erwartungen aber viel Willenskraft versuchte man, irgendwie eine Möglichkeit zu sehen doch noch ins Stadion zu kommen. Keine Chance. Auch beim zweiten Spiel, welches um 17:00 begann, versuchte es man mit dem Trick Schweizer Pass, Schiedsrichter-Ausweis und Geld. Während man klar machen wollte, dass man vom Schweizer Fussballverband sei und gerne das Spiel anschauen möchte, verneinte der Sicherheitsmann. Lediglich die beim Verband gemeldeten Personen dürfen Zutritt erlangen und zeigte auf seine ausgedruckte Liste. Nicht einmal Medien seien dabei. Schade wars. Ich hab es versucht und es hat nicht geklappt. Ist hier doch jeder korrupt, nur die Sicherheitsmänner am Eingangstor zum Stadion nicht. Etwas frustriert ging es mit einem erneuten Uber-Taxi wieder zurück in die Stadt resp. ins Hotel. Der Verkehr spielte verrückt. Während hier Busse mit offenen Türen herumfuhren, Menschen auf fahrende Busse aufsprangen und ausstiegen, versuchten mein Fahrer fluchend den Autos von links und rechts auszuweichen. Menschen liefen quer über die Strasse, übrigens laufen diese auch über Autobahnen, Ampeln werden als farbige Kunstwerke angesehen und die Hupe findet mehr Verwendung als das Steuer. So hupt hier jeder, um zu signalisieren, dass er durch will, dass er vorbeifährt, dass er abbiegt, dass er bremst, was auch immer. Ein ohrenbetäubender Lärm. Selbst der Verkehr in Asien ist koordinierter als der hier. Hätte ich nicht gedacht. Am Abend suchte man sich noch einmal ein Restaurant in der Stadt. Die letzten ägyptischen Pfund mussten weg. Der letzte Abend neigte sich dem Ende zu.

Nach 2.5 Wochen purer Genuss der ägyptischen Kultur heisst es jetzt Abschied nehmen. Mit einem Uber-Taxi geht es morgen an den Flughafen. Mein Direktflug von Kairo nach Genf wird kurz nach Mittag die Schweiz erreichen. Ich danke jedem, der Teil dieser Reise war und zu diesem tollen Erlebnis beigetragen hatte. Mit einem weinenden und einem lächelnden Auge verabschiede ich mich dankend aus Kairo. Shukran! <3

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