Zwischen Staunen und Geniessen – 3 Tage Safari in Masai Mara.

Was wäre ein Kenia-Besuch ohne Safari. Natürlich liessen wir uns das nicht entgehen. Wir buchten eine dreitägige Safari-Tour ins Naturreservat Masai Mara, welches direkt an den Serengeti Nationalpark und damit an Tansania angrenzt. Wir wurden von unserem Tourguide frühmorgens beim Hotel mit einem 9er-Bus abgeholt. Aufgrund Corona befanden wir uns jedoch nur zu zweit. Privattour, ohne explizit eine gebucht zu haben. Platz ohne Ende, Bewegungs- und Entscheidungsfreiheit, was will man mehr?

Ich habe diesen Blogbeitrag etwas anders aufgebaut, als man es von den bisherigen kennt. Das aus dem Grund, dass eine Erzählung eines Safari-Tages nicht sehr spannend formuliert werden kann. Ich lasse hier lieber Bilder sprechen und gehe in Unterkapitel explizit auf Themen ein.

Kenianischer Fahrstil
Verkehr und Kenia ist eine interessante Kombination. Während in der Stadt ein doch überraschenderweise geregelter Verkehr stattfindet (ausser Kreisverkehr, Horror!) wird stadtauswärts so gefahren, wie einem die Motorhaube gewachsen ist. Gewagte Überholmanöver, Abstände nicht mal annähernd einhalten, mit erhöhter Geschwindigkeit Schlaglöcher ausweichen und vieles mehr. Um unseren Tourguide und Fahrer zu zitieren: „Wir Kenianer fahren Auto, wie wir rennen. Jeder will der Schnellste sein“. Vor allem die Strasse von der Hauptstrasse Richtung Masai Mara ist katastrophal. Sie nennen die Fahrt zum Camp auch afrikanische Massage. Es schüttelt und rüttelt, schleudert dich durch das halbe Fahrzeug. Man könnte ja meinen, dass er zumindest da etwas Tempo rausnimmt. Kannste denken, der raste da durch, als würde er um sein Leben fahren. Bei der Rückfahrt blieben zwei Fahrzeuge im nassen Matsch der Strasse stecken. Strassenbau wird überbewertet.

Gnus hat’s genug
Wer einmal auf Safari war, weiss wie viele Gnus man jeweils sieht. Das ist sicherlich das Tier, dass wir am meisten gesehen haben. Lebend und tot. Gnus sind weder mega fotogen, noch sonst ein schön anzusehendes Tier. Meistens fallen Gnus den Raubtieren zum Opfer, welche sich ein Mittag- oder Abendsnack gönnen. Immer wieder lagen tote Gnus in Form von Skeletten am Strassenrand. So entstand der böse Spruch „Nur ein totes Gnu, ist ein gutes Gnu“ :).

Die Speermänner & Safari Camp
Viele fragen sich jetzt sicher, was Speermänner sind und wo kommen die zum Einsatz. Die Männer mit Speer und Messer begleiten bei Dunkelheit jeden einzelnen Touristen vom Restaurantzelt zu seiner Lodge resp. seinem Zelt, bis er im Zelt ist und dieses geschlossen hat. Dies dient zum Schutz vor Tieren, die möglicherweise auftauchen könnten. Aber stellt euch mal vor, ich lief am ersten Abend zum Restaurant hoch, als mir ein Mann mit Speer in der Hand entgegenkam. Ich war kurz irritiert, bis ich begriff, dass er mich nur begleiten möchte. Das Camp war grandios. Grosses Restaurantzelt mit Bar, sowie eine weitläufige Anlage mit tollen Lodge-Zelten. Von Aussen ein Zelt, innen jedoch mit 3 Himmelbetten, Dusche, Toilette, Schreibtisch, Stühle und Elektrizität. Wir waren positiv überrascht.

Kalte Getränke, warmer Salat und heisser Kaffee
Eine der grössten Fragezeichen stellten wir hinter dem Fakt, dass sie in Kenia alle Getränke inkl. Bier warm respektive nicht gekühlt trinken. Wenn du eine Coca Cola oder Wasser zum Abendessen bestellst, wirst du jedes Mal gefragt ob du es kalt möchtest. Man gewöhnt sich daran, im Restaurant immer ein „cold water“ zu bestellen. Laut unseren Befragungen und Recherchen ist der Grund, dass ihr Körper den Kälte-Wärme-Unterschied nicht so gut verarbeiten kann und sie danach erkälten. Aber wer trinkt schon warmes Bier? Igitt! Sehr spezielle Geschichte, zieht sich jedoch über den ganzen Aufenthalt durch. Es gibt aber nicht nur warme Getränke sondern auch meistens warmen Salat. Der Salat wird oft auf den heissen Teller oder vor dem Erhitzen der Mahlzeit beigelegt. So war in den häufigsten Fällen ein warmer Salat beigelegt. Naja, gewöhnungsbedürftig. Der Kaffee hingegen ist nicht warm sondern brutal heiss. Ich habe in meinem Leben noch nie einen so heissen Kaffee getrunken. Das führte dazu, dass man ihn jeweils 20 Minuten stehen lassen musste, damit man ihn überhaupt trinken konnte.

Fehlende Orientierung, Safari-Radio & Offroad-Poker
Offiziell ist im Naturreservat nur das Befahren von den vorgegebenen Strassen resp. Wegen gestattet. Jedoch befinden sich die guten Tiere nicht an diesen Strassen, so dass die Tourguides immer wieder Offroad unterwegs waren, was beim Erwischen durch die Rangers eine Busse von 100$ nach sich ziehen würde. Das interessierte hier jedoch niemanden. Man konnte zwischenzeitlich sogar meinen, dass es ein absichtliches Katz-und-Maus-Spiel mit den Rangers sei. Alle Tourguides waren über Funk miteinander verbunden, um bei Sichtung eines Tieres, die anderen informieren zu können. Diesen Austausch nannten sie Radio, welcher sehr amüsant anzuhören war. „Ritchie! Ritchie! Riiiitchiieee! Where?“, um nur eines der vielen Beispiele zu nennen. Je lauter der Radio, desto höher die Fahrtgeschwindigkeit. Immer wenn er wieder einen Tipp bekommen hat, schlug er die entsprechende Richtung ein und bretterte über Stock und Stein. Entsprechend war unsere Orientierung nicht mehr gewährleistet. Wir konnten nach nur kurzer Zeit nicht mehr sagen, in welchem Teil des Parks wir uns nun genau befanden. Orientierung 404 not found.

Schweizer Bekanntschaften
Wie überall auf der Welt, trafen wir auch auf dieser Reise auf Landsmänner. Ein junger Mann aus Luzern im Safari-Camp, mit dem wir jeweils den Tisch geteilt haben. Später dann zwei junge Männer, welche aus dem Raum Bern kamen. Waren also nicht die einzigen, die die gute Idee „Kenia“ hatten 🙂 Durch Jonas (Luzerner aus dem Safari-Camp) erfuhren wir, dass wir für die Ausreise auch ein PCR-Test benötigen. Diese Information war im Netz nirgends zu finden, da sich alle, unter anderem auch Fluggesellschaften, an die Regeln des Ziellandes halten, was bei uns mit der Schweiz und der doppelten Impfung ohne Test abgedeckt gewesen wäre. Man brauchte jedoch einen PCR-Test, welcher beim Betreten des Flughafen vorgewiesen werden musste. Wir trauten dem zunächst nicht wirklich, mussten jedoch später eingestehen, dass es tatsächlich so ist. Hiess: Einmal mehr Stäbchen in die Nase. Geil!

The big five
Als „The big five“ werden die fünf wertvollsten und am schwersten zu jagenden Tiere bezeichnet. Zu diesen gehören der Elefant, der Leopard, der Wasserbüffel, das Nashorn und der Löwe. Wir konnten leider nur drei der fünf sehen, auch wenn wir mit dem Gepard einen guten Ersatz für den Leopard gesehen haben. Man sagt, dass man meistens entweder den Leoparden oder den Geparden sehen würde. Beinahe hätten wir jedoch beide gesehen. Nichtsdestotrotz haben wir sehr viele Tiere gesehen. Darunter auch das Warzenschwein sowie Hyänen, welche beide unter den ugly five gelistet sind 😉

Besuch im Masai Village
Eines unserer Anliegen vor der Safari war, dass wir noch ein Masai Village besuchen, um zu sehen, wie die leben. Ich finde es immer sehr interessant, wie das Fussvolk oder in diesem Fall das Volk in der Wildnis draussen lebt. Wir wurden ca. 1.5h durch das Dorf geführt, man zeigte uns ihre Tänze, wie sie kochen, wie sie schlafen, wie sie bauen und wie sie sich gegen Raubtiere schützen. Es war sehr spannend, auch zu hören, was für Regeln und Sitten im Dorf gelten. Zum Beispiel muss der Bräutigam bei einer Hochzeit 10 Kühe an die Familie der Braut zahlen/abgeben. Ab zwanzig Kühen ist man dann Teil der Familie und erhält auch die in der entsprechenden Farbe angefertigten Tücher, die für eine Familie stehen. Über 160 Menschen leben in einem Dorf, wie wir es hier gesehen haben. Poligamie ist hier hoch im Kurs. Der Häuptling hat drei Frauen, sein Vater hatte deren fünf. Auf die Frage, wie viele Geschwister er habe, sagte er lediglich, dass er viele habe. Ganz genau weiss er es wohl gar nicht. Irgendwie schockierend und eine komplett andere Sichtweise und Kultur, als wir sie kennen. Ebenfalls spannend war, dass einige Bewohner 25-30 Kilometer pro Tag zu Fuss gehen, damit die Kühe frisches Gras fressen können. 30 Kilometer am Tag! Und wir bestellen uns Essen, weil wir zu faul sind. Die Gegensätze sind riesig. Doch eines ist gleich. Das Lachen von glücklichen Kindern ist und bleibt ein Highlight und eines der besten Fotomotive auf Reisen. Es erfüllt einem mit Fröhlichkeit und Glück. Am Schluss der Führung, verkauften die Frauen des Dorfes ihre Schmuckwaren und Souvenirs. So konnte man sie unterstützen und hatte etwas als Andenken.

Weiss auf Schwarz
Was ganz krass aufgefallen ist, ist dass weisse Menschen in Schwarzafrika deutlich bevorzugt und wie Könige behandelt werden. Sei es beim Tragen von Gepäck, aber auch überall wo man reinspaziert. Am Abend des dritten Safari-Tages, als wir unsere fünfstündige Rückfahrt von Masai Mara nach Nairobi hinter uns hatten, besuchten wir ein lokales Restaurant mit afrikanischen Spezialitäten. Auf der Terrasse hatte es leider keinen verfügbaren Tisch mehr, weil schon alles besetzt war. So wollten wir unser Glück im Innenbereich versuchen, ehe ein Mitarbeiter bei jemandem einfach den Tisch klaute resp. wegnahm, um uns diesen hinzustellen. Wir schauten uns an und fragten uns, ob er das jetzt tatsächlich gemacht hat. Man merkte wie sehr der Faktor Geld und Reichtum an die weisse Hautfarbe gekoppelt ist. Irgendwie schade, aber unvermeidbar.

Zusammenfassend war die Safari eines der schönsten Erlebnisse. Pure Schönheit, grandiose Natur und ein gut gefüllter Kameraspeicher. Doch der wahre Speicher der Lebenserfahrung und Erinnerungen ist deutlich mehr gefüllt. Zum ersten Mal Schwarzafrika. Einmal mehr wurde mir bewusst, dass Glück nicht von Geld oder Reichtum abhängig ist. Ich habe in so viele glückliche und freundliche Gesichter geblickt. Mir ist klar, dass dies mit der Schweiz oder allgemein Europa kaum zu vergleichen ist. Wichtig ist jedoch, dass man sich immer mit Respekt begegnet, egal wo man ist. Das macht die Welt zu einer besseren. Mehr miteinander und füreinander als gegeneinander. Da könnten wir uns eine grosse Scheibe abschneiden und viel lernen. Hakuna Matata.

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